Worauf zu achten ist
Leistungssteigerungen, die man sich von der EinfĂŒhrung neuer MDE-Lösungen verspricht, werden nicht immer sofort realisiert. Oft sind daran auch die unterÂliegenden Prozesse im Lager schuld. DarĂŒber hinaus bleiben Effizienzgewinne, die in angrenzenden Abteilungen oder im Backoffice entstehen, hĂ€ufig unbeachtet. Im folgenden Beitrag zeigen wir, worauf zu achten ist.
von Marc Teuber
book1348 Wörter timelapse7 Min. Lesedauer
Mobile Datenerfassung: UngĂŒnstige Prozesse verlangsamen die Arbeit đ︎
In der Praxis keine Seltenheit: Eine MDE-Lösung wird einfach ĂŒber bestehende Prozesse âdrĂŒbergestĂŒlptâ. Man erhofft sich dadurch, dass die vorhandenen Defizite automatisch ausgeglichen werden und die Effizienz steigt. Das erweist sich jedoch oft als ein Trugschluss. Die Prozesse sollten deswegen vor der EinfĂŒhrung einer mobilen Datenerfassung analysiert und entsprechend verbessert werden. Dadurch lassen sich Probleme und EnttĂ€uschungen spĂ€ter vermeiden.
Die Ursache dafĂŒr, dass die Arbeitsgeschwindigkeit sich nicht Ă€ndert oder gefĂŒhlt sogar langsamer wird, liegt hĂ€ufig darin, dass Ineffizienzen in anderen Lagerbereichen die MDE-Technologie ausbremsen. Dabei handelt es sich oft um Prozesse, die ĂŒber Jahre gewachsen sind. Einige dieser Ineffizienzen werden im folgenden beschrieben.
Formale Annahmen und tĂ€gliche Praxis: Wachsende Kluft vergröĂert Probleme đ︎
Werden Prozesse im Lager und in angrenzenden Bereichen nicht regelmĂ€Ăig ĂŒberprĂŒft, fĂŒhrt das zu weiteren Problemen. So wird die Kluft zwischen den Annahmen auf denen offizielle Regeln und Leitlinien basieren und der tĂ€glich gelebten Praxis immer gröĂer. EntscheidungstrĂ€ger im Unternehmen, die fĂŒr ihre Entscheidungen in der Regel vordergrĂŒndig offizielle Daten heranziehen, kommen dann hĂ€ufig zu falschen SchlĂŒssen. Wird beispielsweise der Lagerplatz knapp, geht die Betriebs- bzw. Lagerleitung möglicherweise vorschnell davon aus, dass die LagerflĂ€chen zu klein sind. Beim nĂ€heren Hinsehen liegt es jedoch oft an mangelnder Organisation: Es existieren viele veraltete Artikel oder sie werden doppelt vorgehalten. Auch neue oder temporĂ€re Mitarbeiter haben Schwierigkeiten, sich schnell einzuarbeiten, wenn offizielle Leitlinien und Vorgaben nicht der Alltagspraxis entsprechen. Schon aus diesen GrĂŒnden lohnt es sich, in die ProzessĂŒberprĂŒfung und -verbesserung mehr zu investieren.
Das Lagerdesign verbessern đ︎
Ein hĂ€ufiger Grund, warum Arbeitsprozesse nach der EinfĂŒhrung einer MDE-Lösung ausgebremst werden, liegt am Lagerdesign, das nicht mehr den aktuellen Anforderungen entspricht.
Lagerorte sorgfĂ€ltig planen đ︎
In der Praxis kommt es oft vor, dass sich provisorische und damit nicht sorgfĂ€ltig geplante LagerflĂ€chen mit der Zeit zu festen LagerplĂ€tzen entwickeln. Ăber Monaten und Jahre entstehen so viele LagerflĂ€chen, wo Teile und Artikel doppelt und mehrfach gelagert werden. Andererseits liegen Ă€hnliche Artikel, die oft zusammen nachgefragt werden, weit auseinander. Das erhöht die Fahr- und Laufwege der Picker unter UmstĂ€nden enorm.
Hierbei kann eine ABC-Analyse hilfreich sein. In diesem Fall werden Waren nach der HÀufigkeit ihrer Nachfrage kategorisiert. Die am hÀufigsten nachgefragten Waren, werden der Kategorie A zugeordnet und vorne griffbereit gelagert.
LagerflĂ€chen innerhalb des Lagers sinnvoll einteilen đ︎
Generell lohnt es sich, fĂŒr Aufgaben, die einen gröĂeren Lagerbestandteil beanspruchen bzw. denen eine wichtige Rolle zukommt, extra FlĂ€chen zu schaffen. Das bringt mehr Struktur hinein und erhöht die Ăbersicht. Beispielsweise sind spezielle LagerflĂ€chen fĂŒr Retourwaren empfehlenswert. Das gilt gerade fĂŒr den Versandhandel, weil hier die RĂŒcklĂ€uferzahl gewöhnlich relativ hoch ist. Auch FlĂ€chen fĂŒr die Entsorgung von Verpackungen im Lager können sinnvoll sein und die Arbeit beschleunigen. Des Weiteren hilft eine rĂ€umliche Trennung des Wareneingangs und -ausgangs die Ursachen fĂŒr viele Fehler von vorneherein zu beseitigen.
Barcodes effizient einsetzen đ︎
Es sollte darauf geachtet werden, dass alle relevanten Regale mit Barcodes ausgestattet sind. Oft ergibt es auch Sinn, Barcodes zu nutzen, die eine hohe Informationsdichte begĂŒnstigen, sich besser ablesen lassen und besser gegen BeschĂ€digungen geschĂŒtzt sind. 2D-Barcodes haben hierbei deutliche Vorteile gegenĂŒber von 1D-Barcodes. Jeder Barcode hat seine Vor- und Nachteile. Informieren Sie sich darĂŒber, denn Barcode ist nicht gleich Barcode.
AuĂerdem sollten alle Regale gelabelt und diese Vorgehensweise konsistent ĂŒber das gesamte Lager eingehalten werden. Farbliche Markierungen können hier ebenfalls hilfreich sein.
Auf Regale und deren Anordnung im Lager achten đ︎
Manchmal sind Regale im Lager nicht optimal auf die Lagerware abgestimmt. Man kommt beispielsweise mit Barcodescannern schwer an die Artikel heran bzw. benötigt Hilfsvorrichtungen wie Leiter und HebebĂŒhnen. Der Scannprozess kann dann unverhĂ€ltnismĂ€Ăig viel Zeit beanspruchen. Ein anderes hĂ€ufiges Problem besteht darin, wenn Regale so beschaffen oder angeordnet sind, dass WLAN-Signale stark gedĂ€mpft werden. Findet die DatenĂŒbertragung mittels WLAN statt, gelangen die Scanner-Daten dann nicht mehr zeitnah ins ERP-System, sondern erst zum spĂ€teren Zeitpunkt, wenn die Verbindung wieder hergestellt ist. Eine echtzeitgetreue DatenĂŒbertragung findet somit nicht mehr statt.
Mobile Datenerfassung spielt ihre StĂ€rken beim Zone Picking aus đ︎
Im Falle eines gröĂeren Lagers ist es sinnvoll, die Implementierung eines Zone Picking Systems (Zonenkommissionierung) in Betracht zu ziehen. Hierbei werden Pickern bestimmten LagerflĂ€chen zugewiesen und sie arbeiten demzufolge nur dort und mĂŒssen nicht mehr durch das ganze Lager laufen. Die Picker machen sich dadurch mit den Artikeln und deren Lagerorten in Ihrem ZustĂ€ndigkeitsbereich vertraut. So können sie ihre Arbeitsgeschwindigkeit steigern. Weil die Laufwege relativ kurz sind, kann auch in deutlich kĂŒrzeren ZeitabstĂ€nden gescannt werden. Somit kann eine MDE-Lösung ihre StĂ€rken hier bestmöglich ausspielen und die Arbeitsgeschwindigkeit nochmals deutlich steigern. Das Gesamtlager profitiert davon natĂŒrlich nur dann, wenn die Arbeitsprozesse in anderen Zonen ebenfalls reibungslos laufen.
InadĂ€quate Lagerauslastung đ︎
Des Weiteren kann eine zu hohe Lagerauslastung die Vorteile der mobilen Datenerfassung abschwĂ€chen. Wenn die Lagerauslastung ĂŒber 80 Prozent klettert, bedeutet das oft, dass viel Zeit verloren geht, um nach freien LagerplĂ€tzen zu suchen. Hier lohnt es sich die LagerkapazitĂ€ten zu erweitern oder sie zu verschlanken, indem man ĂŒberflĂŒssige und veraltete Artikel ausmustert.
ProzessbrĂŒche durch manuelle Arbeit đ︎
Auch Prozesse die noch stark hĂ€ndisch erledigt werden, können die mobile Datenerfassung verlangsamen. Ein Beispiel dafĂŒr ist, wenn eine Waage im Lager oder Versand die Daten nicht direkt ans ERP-System sendet, sondern Mitarbeiter die Gewichtsdaten zuerst manuell eintippen mĂŒssen. Ein anderes Beispiel sind Bestellungen, die per Fax oder Telefon entgegengenommen werden. Auch hier verlangsamen sich die Prozesse im Vergleich dazu, wenn Bestellungen direkt ins ERP-System ĂŒbermittelt und von da aus automatisch an das Lager weitergeleitet werden.
Unpassende Lagerfahrzeuge đ︎
Manchmal bremsen auch Lagerfahrzeuge die Arbeitsprozesse aus. Beispielsweise benötigt man, um einen Artikel ein- oder auszulagern, zwei oder mehr unterschiedliche Fahrzeuge bzw. ein Teil des Prozesses muss manuell erledigt werden. Das erhöht den Zeitaufwand. In anderen FĂ€llen sind die Flurförderfahrzeuge zu langsam oder sie sind nicht fĂŒr die schmalen und verwinkelten Wege im Lager geeignet. Hier verpuffen die Vorteile, die durch die schnelle DatenĂŒbermittlung entstehen.
Die gröĂten Vorteile werden oft zuerst woanders realisiert đ︎
Selbst dann, wenn sich die Arbeitsgeschwindigkeit im Lager zunĂ€chst scheinbar nicht verĂ€ndert, können oft Zugewinne in anderen Bereichen des Unternehmens realisiert werden. Deswegen ist es wichtig, ĂŒber das Lager hinauszuschauen, um ein ganzheitliches Bild zu erhalten. Falls eine Fertigung an das Lager angebunden ist, bekommt sie die Teile, die sie zum Produzieren benötigt, jetzt womöglich schneller und fehlerfreier. Auch stehen der Fertigung jetzt möglicherweise wichtige Informationen ĂŒber EngpĂ€sse frĂŒher zur VerfĂŒgung. So kann frĂŒhzeitig gegengesteuert werden.
Fernerhin können Daten ĂŒber fehlende Artikel schneller an die zustĂ€ndigen Lieferanten ĂŒbermittelt und dadurch die Lieferzeiten verkĂŒrzt werden. Moderne Logistikstrategien wie der Just-in-Time-Ansatz lassen sich somit ebenfalls umsetzen. DarĂŒber hinaus sinkt auch die Gefahr, dass der Einkauf nicht mehr aktuelle Teile bestellt bzw. sie doppelt bestellt. SchlieĂlich profitiert der Verkauf bzw. Vertrieb davon ebenfalls, weil Lieferzeiten verkĂŒrzt und Falschlieferungen reduziert werden. Das fĂŒhrt zu mehr Kundenzufriedenheit bzw. -loyalitĂ€t, denn Kunden hassen nichts mehr als lange Lieferzeiten und Falschlieferungen. AuĂerdem wird auch der Kundenservice entlastet.
So bereiten Sie sich fĂŒr eine Diskussion mit MDE-Anbietern vor đ︎
Fachkundige externe MDE-Dienstleister können ein Unternehmen bei der Planung und Implementierung einer MDE-Lösung nur so gut unterstĂŒtzen, wie die Informationen, die sie bekommen, vollstĂ€ndig und aktuell sind. Deswegen sollte man sich mit der Thematik bereits im Vorfeld auseinandersetzen und Vorbereitungen treffen, bevor man mit entsprechenden MDE-Anbietern ins GesprĂ€ch kommt. Wichtige Lagerprozesse sollten dabei zumindest grob beschrieben und die Lagerbestandteile aufgefĂŒhrt werden. Ebenfalls sollten AblĂ€ufe und Prozesse in unmittelbar angrenzenden Abteilungen wie beispielsweise in der Fertigung oder im Versand eventuell berĂŒcksichtigt werden. Vor allem dann, wenn sie eine gröĂere Auswirkung auf die Lagerprozesse haben könnten. Fernerhin sollte auch sichergestellt werden, dass alle Kollegen intern die gleiche Sprache sprechen. Das erleichtert spĂ€ter die Einarbeitung. Es lohnt sich auch Mitarbeiter dafĂŒr zu sensibilisieren, ihren Blick trotz anfĂ€nglicher Schwierigkeiten auf das groĂe Ganze zu richten (erfahren Sie mehr, weshalb sich die Kommissionierung durch eine MDE-Lösung verlangsamen kann). So kann der langfristige MDE-Projekterfolg wirksam unterstĂŒtzt werden.
AuĂerdem ist es sinnvoll, sich bereits frĂŒhzeitig Gedanken ĂŒber ein Lastenheft zu machen. Dabei handelt es sich um ein Dokument, in dem die Anforderungen aus Kundensicht systematisch beschrieben werden. Das gibt dem Ganzen einen Rahmen, stellt sicher, dass alle vom Gleichen reden und schafft somit auch eine einheitliche Basis, um unterschiedliche Angebote der MDE-Anbieter sachgerecht zu vergleichen.
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Die Digitalisierung verĂ€ndert LogistikÂprozesse. Einige dieser VerĂ€nderungen haben heute schon eine wachsende Bedeutung fĂŒr Mittelstand und kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Wer sich mit der Entwicklung rechtzeitig auseinandersetzt, kann WettbewerbsÂvorteile realisieren.