Kunden hassen lange Lieferzeiten

Schnelle Auslieferungen sind heute ein wichtiger Wettbewerbs­faktor. Oft schlummern jedoch ungenutzte Potenziale entlang der Lieferkette – vom Hersteller und Großhändler über das Lager bis zum Versand. Nach­folgend werden einige davon aufgezeigt.

von Alexander Lesche

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Kunden durchgängig informieren đź”—︎

Für Kunden beginnt die Zeit mit der Aufgabe der Bestellung zu ticken. Eine gute Kommunikationsstrategie ist deswegen gerade bei sich anbahnenden Verzögerungen oder erfolgten Falschlieferungen sehr wichtig. Häufig lassen sich dadurch Missverständnisse ausräumen und Kunden zufriedenstellen. Indirekt beschleunigt sich dadurch auch die Bearbeitung der Warensendungen: Denn gut informierte Kunden haben mehr Verständnis, stornieren und retournieren Bestellungen deswegen seltener. Lagermitarbeiter können sich so mehr darauf konzentrieren, die Durchlaufzeiten zu minimieren. Ein positiver Nebeneffekt: langfristig wächst die Anzahl loyaler Kunden. Bedarfe loyaler Kunden lassen sich besser vorhersagen und standardisieren. Das wiederum verkürzt ebenfalls die Lagerdurchlaufzeiten.

Lagerprozesse verbessern đź”—︎

Lagerwaren besser arrangieren đź”—︎

Bestellen Kunden bestimmte Waren häufiger und in Kombination mit anderen Waren, ist es sinnvoll, solche Warenbestände im Lager nebeneinander zu lagern. Auch generell sollten Artikel anhand der Häufigkeit ihrer Nachfrage gruppiert werden. Die Anordnung der Lagerorte der Waren und ihre Nähe zu den Laderampen sollten das widerspiegeln. Darüber hinaus kann durch regelmäßige Prüfungen sichergestellt werden, wie hoch der Bedarf nach den jeweiligen Artikeln ist und wie er sich verändert. Eine Möglichkeit, das zu tun, wäre Waren mit internen Codes, dem sogenannten SKU, zu versehen. Dadurch lassen sich Artikel schneller auffinden und ihre Nachfragehäufigkeit kann zuverlässig abgeschätzt werden.

Lean Manufacturing-Ansätze miteinbeziehen đź”—︎

Um Lagerprozesse zu verbessern, können die im Bereich des Lean Manufacturings bekannten 5S-Grundsätze miteinbezogen werden: Sortieren, Systematisieren, Sauberkeit, Standardisieren und Selbstdisziplin. Arbeitsprozesse lassen sich so sinnvoll reorganisieren und vereinheitlichen. In der Folge werden Lagerabläufe effizienter und schneller, die Verschwendung sinkt. Aus der Praxis gut bekannt: Im Laufe der Jahre sammeln sich im Lager alte Modelle, Retourware, Messerückläufer und andere Reste; auch die Anforderungen an das Lagerlayout und die daran angelehnten Arbeitsprozesse verändern sich mit den Jahren. In solchen Fällen können bereits kleinere Änderungen und Reorganisationen nach dem 5S-Prinzip viel bewirken.

Beleuchtung optimieren đź”—︎

Lagerbeleuchtung und Arbeitsgeschwindigkeit hängen zusammen. Viele Lagerhallen verfügen über keinen oder nur geringen Tageslichteinfall, die vorhandene Beleuchtung ist oft alt und weist Defizite auf. LED-Licht – ein Trend der letzten Jahre – könnte hier die passende Antwort sein: Verglichen mit konventionellen Leuchtmitteln, ist LED-Beleuchtung deutlich heller, bei deutlich geringerem Stromverbrauch. Lagerbereiche lassen sich so viel besser ausleuchten. Infolgedessen werden Durchlaufzeiten verkürzt: Lagermitarbeiter orientieren sich besser, finden die Ware schneller, begehen weniger Fehler. Tageslichtweißes LED-Licht eignet sich dabei für Lager- und Fertigungsräume am besten.

Mobile Lösungen einsetzen đź”—︎

Mobile Lösungen wie DATACAP im Lager: Wer hier an schnellere Arbeitsprozesse denkt, liegt richtig. Sind Daten fast durchgehend einsehbar, können Entscheidungen schneller erfolgen. Mobile Datenabfragen liefern Antworten, etwa auf Fragen, wie viele Artikel noch auf Lager oder in anderen Filialen sind; auch Nachlieferzeiten lassen sich so erfahren. Bei mobilen Barcodescannern: Falls im Unternehmen noch 1D-Barcodes genutzt werden, kann sich ein Umstieg auf 2D-Barcodes lohnen. 2D-Barcodes können mehr Daten speichern, sind fehlertoleranter und aus verschiedenen Winkeln einscannbar. Eine mobile Datenerfassung sorgt auch dafür, dass eingescannte Daten schneller ins ERP-System gelangen.

Automatisierungslösungen in Betracht ziehen đź”—︎

Viele Automatisierungslösungen, die in der Fachpresse diskutiert werden, haben größere Unternehmen im Visier. Der Einsatz innovativer Robotertechnologien bei Amazon ist ein Beispiel dafür. Doch auch Unternehmen mit kleineren Budgets können von mehr Lagerautomatisierung profitieren. So lassen sich beispielsweise kritische Teilbereiche im Lager punktuell automatisieren. Auch das Mieten von Automatisierungslösungen auf As-a-Service-Basis stellt eine andere – zurzeit wachsende – Alternative dar. Der Einsatz von Förderbändern – überall da, wo möglich und sinnvoll – ist eine weitere Option; die Laufwege der Lagermitarbeiter werden dadurch deutlich kürzer und interne Beförderungszeiten reduziert.

Förderband im Lager

Schneller verladen đź”—︎

Der Versandprozess beherbergt ebenfalls oft brachliegendes Potenzial. Hierbei können mehrere Stellschrauben justiert werden.

Pre-Allocated Cross-Docking đź”—︎

Beim PAXD handelt es sich um ein einstufiges System, bei dem bereits vorkommissionierte Waren und Güter – sobald im Lager eingetroffen – an den Empfänger unverändert weitergeleitet werden. Beispielsweise verpacken und kennzeichnen dann Waschmaschinenhersteller oder die entsprechenden Großhändler die Waschmaschinen bereits im Vorfeld. Später am Umschlagpunkt können die Geräte direkt auf die Laderampen entsprechender Einzelhändler umgeladen werden. Es werden hierbei keine großen Ladeflächen, dafür aber mehr Laderampen und Ladetore benötigt.

Break-Bulk Cross-Docking đź”—︎

Das BBCD geht noch einen Schritt weiter. Hier werden Waren nach Eintreffen im Zwischenlager zeitnah und ohne Einlagerung, in zumeist kleineren Bestellmengen auf andere Fahrzeuge wie LKWs oder Transporter verladen. Aufwendiges Ein- und Auslagern entfällt dadurch. Dabei ist wichtig, dass sowohl die entsprechenden Daten als auch die Unterstützung der IT verfügbar sind. Ein Vorteil: das First-In-, First-Out-Prinzip lässt sich so konsequent umsetzen; die Überschreitung der Mindesthaltbarkeit wird ebenfalls vermieden. Dazu spart der Wegfall der Zwischenlagerung Zeit und Kosten.

Verzögerungen durch Zwischenfälle mit Flurförderfahrzeugen đź”—︎

Lagerfahrzeuge wie Gabelstapler können im Verladeprozess Schäden an Menschen, Warengut sowie Anlagen, Maschinen und Gebäuden verursachen, die zu längeren Unterbrechungen führen. Besonders gefährliche Situationen entstehen dann, wenn sich hoch frequentierte Staplerwege mit denen der fußläufigen Lagermitarbeiter kreuzen. Staplerarbeiten im Laderampenbereich zählen ebenfalls zu den gefährlichsten Arbeitsorten im Lager. Eine sorgfältige Planung, die sicherstellt, dass entsprechende Risiken bestmöglich reduziert werden, ist hier wichtig. Das könnte beispielsweise bedeuten, dass an den gefährlichen Stellen Warnsignale angebracht oder aufgestellt werden. Darüber hinaus lassen sich Laderampen mit Schutzkeilen versehen.

Andocken vereinfachen đź”—︎

Auch das Andocken der LKWs an Laderampen führt oft zu Zeitverzögerungen. Hier besteht auch eine erhebliche Gefahr für Schäden, deren Beseitigung nicht nur Geld, sondern auch produktive Zeit kostet. Der Prozess sollte daher so flüssig und sicher wie möglich gestaltet werden. Unterstützende Spiegel, Lichtsignale und -schranken eignen sich gut, um den Fahrer schnell und sicher an die Andockstation zu lotsen. Das Andocken lässt sich durch eine Ampelkonstruktion, die positionsabhängig auf Grün, Gelb oder Rot schaltet, zusätzlich erleichtern. Fahrer können so schneller und punktgenauer an unbekannte oder schwer anfahrbare Laderampen andocken, ohne aus dem Fahrzeug auszusteigen. Ist die Ent- oder Beladung beendet und das Tor wieder geschlossen, gibt ein grünes Lichtsignal die Abfahrt frei. Bei vorhandener Expertise lassen sich solche Vorrichtungen in Eigenregie bauen; alternativ kann eine professionelle Lösung hinzugezogen werden. LKWs sollten beim Ent- und Beladungsprozess sicherheitshalber auch mit Radkeilen gesichert werden, um ein mögliches Abrollen zu verhindern.

Schneller ausliefern đź”—︎

Viele Unternehmen organisieren den Auslieferungsprozess selber. Solange die Anforderungen nicht sehr hoch sind bzw. ausreichend qualifiziertes Personal bereitsteht, klappt das in der Regel auch. Manchmal lohnt es sich jedoch, auch professionelle Dienstleister in Betracht zu ziehen. Beispielsweise könnten öfter versäumte Lieferzeiten einen Grund dafür liefern.

Externe Dienstleister miteinbeziehen đź”—︎

Im Falle von Versand und Logistik lassen sich Dienstleister grob in zwei Kategorien einteilen:

  • 3PL – Third Party Logistics
  • 3PF – Third Party Fulfillment

In der Praxis werden diese Begriffe oft synonym benutzt. Jedoch fokussieren sich 3PL-Dienstleister mehr auf Lager- und Versandprozesse. 3PF-Anbieter decken oft ein breiteres Spektrum ab. Sie können zusätzliche Aufgaben in der Supply Chain übernehmen und unterstützende Services bei E-Commerce, CRM und Vertrieb bieten. Eine weitere Kategorie der sogenannten Fourth Party Logistics-Provider (4PL-Provider), die 3PL- und 3PF-Dienstleister – oft cloud-basiert – koordinieren, entsteht gerade. Unter Umständen sind auch einzelne spezielle Logistikservices überlegenswert. Beispielsweise bei Waren und Gütern, die nicht in die Standardprozesse des Lagers und Versands passen, wäre das Dropshipping eventuell ein Ausweg. Beim Dropshipping wird die Ware beim Hersteller oder Großhändler gelagert. Erhält der Einzelhändler oder E-Shop eine Bestellung, wird die Ware vom Lagerort direkt an den Endkunden versandt.

Zusammen­fassung đź”—︎

Mehrere Optionen entlang der Lieferkette lassen sich ausschöpfen, um Lieferzeiten zu verkürzen. Kommunizieren Unternehmen klar und durchgehend, steigt die Anzahl loyaler Kunden. Dadurch sinkt nicht nur die Anzahl von Stornierungen und Retourwaren, sondern die Bedarfe lassen sich besser einschätzen, standardisieren und somit schneller bearbeiten. Darüber hinaus können Lagerdurchlaufzeiten reduziert werden, indem man die Warenlagerorte aufgrund der Nachfrage wählt und auf die 5S-Grundsätze aus dem Lean Manufacturing zurückgreift. Die Produktivität wächst auch dann, wenn die Lagerbeleuchtung, etwa durch Umstieg auf LED-Licht, optimiert wird. Mobile Geräte im Lager und Versand sowie eine Automatisierung durch Roboter und Fließbänder beschleunigen Arbeitsprozesse ebenfalls. Der Verlade- und Auslieferungsprozess birgt weitere Potenziale: Das Pre-Allocated Cross-Docking (PAXD) und Break-Bulk Cross-Docking (BBCD) sollten hier beachtet werden. Auch ein verbessertes Andocken von LKWs an Laderampen und ein sicherer Betrieb von Flurförderfahrzeugen beschleunigen die Ent- und Verladezeiten. Schließlich können externe Versand- und Logistikdienstleistungen – z. B. durch 3PL- und 3PF-Anbieter erbracht – die Lieferzeiten reduzieren.


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